Die Europäische Kommission schlägt eine Überarbeitung der Vorschriften für höchstzulässige Maße und Gewichte im Straßenverkehr vor, um den CO₂-Ausstoß im Güterverkehr zu reduzieren und den Transport effizienter zu gestalten. Ein zentraler Punkt des Vorschlags ist die Erlaubnis für emissionsfreie Fahrzeuge, die Standardgewichtsgrenzen zu überschreiten.
Um das zusätzliche Gewicht von Batterien oder Wasserstoffsystemen auszugleichen, erlaubt die derzeit geltende Gesetzgebung bereits bis zu zwei zusätzliche Tonnen für emissionsfreie LKW. Der Kommissionsvorschlag sieht nun eine Erhöhung von zwei auf vier Tonnen vor, was das zulässige Gesamtgewicht eines Standard-LKW auf 44 Tonnen anheben würde. Aber nicht nur emissionsfreie Fahrzeuge bekommen eine Gewichtserhöhung. Vorübergehend gestattet der Vorschlag bis Ende 2034 den Einsatz von mit fossilen Brennstoffen betriebenen 44-Tonnen-LKW im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Mitgliedstaaten, die solche schwereren Fahrzeuge im nationalen Betrieb zulassen.
Der Vorschlag erleichtert insgesamt die Nutzung besonders schwerer und langer LKW („Gigaliner“ bzw. EMS – European Modular System) im grenzüberschreitenden Verkehr. Alle EU-Mitgliedstaaten, die Gigaliner zulassen, können diese auch in ebenfalls zulassenden benachbarten Mitgliedstaaten nutzen – ohne die Notwendigkeit eines bilateralen Abkommens und ohne die Einschränkung, nur eine Grenze zu überschreiten.
Die Erhöhung der Maximalgrößen und -gewichte von Straßenfahrzeugen sorgt dafür, dass der Straßengüterverkehr effizienter und damit sein Wettbewerbsvorteil gegenüber der Schiene verstärkt wird. Zum Beispiel ist die Erhöhung des Maximalgewichts für emissionsfreie LKW vom tatsächlichen Gewicht der alternativen Antriebe entkoppelt und kann somit auch für zusätzliche Ladekapazität genutzt werden. Die Konsequenz daraus könnte eine Rückverlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße sein. Das steht im Gegensatz zu den Zielen der EU-Strategie für nachhaltigen und intelligenten Verkehr, die eine Zunahme des Schienengüterverkehrs bis 2030 und 2050 vorsieht.
Es müssen europäische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene stärken und fairen Wettbewerb zwischen den anderen Verkehrsträgern herstellen. Ein fairer Wettbewerb im Güterverkehr erfordert die Internalisierung externer Kosten durch eine verursachergerechte CO₂-Bepreisung und faire Nutzungsentgelte – zum Beispiel über eine angemessene LKW-Maut, niedrigere Trassenpreise und faire Energiesteuern. Mit gezielten Förderprogrammen für digitale Innovationen kann der Schienengüterverkehr wettbewerbsfähiger werden. Ein wichtiger Hebel ist zudem der Bürokratieabbau, insbesondere durch die Harmonisierung nationaler Vorschriften, eine vereinfachte Zulassung von Fahrzeugen und einheitliche Regelungen für grenzüberschreitende Transporte. Der Ausbau intermodaler Infrastruktur, wie Logistikterminals und Bahnanschlüsse, erleichtert zusätzlich den Umstieg auf nachhaltigere Transportlösungen.
Die breitere Nutzung besonders schwerer und langer Fahrzeuge würde die Verkehrsverlagerung auf die Straße weiter verstärken, da ihre Nutzung wirtschaftlich attraktiver wäre als der Schienengüterverkehr. Dies würde außerdem zusätzliche Investitionen in Instandhaltung und Erneuerung der Straßeninfrastruktur erfordern, die besser für den Ausbau der Schiene genutzt werden sollten. Gigaliner führen zu einer erhöhten Beanspruchung der Straßeninfrastruktur und bringen ein erhöhtes Sicherheits- und Unfallrisiko im Straßenverkehr mit sich. Langfristig wäre die Folge eine Verstärkung des Straßenverkehrsaufkommens.
Da Gigaliner kaum mit bestehenden technischen Lösungen des kombinierten Verkehrs kompatibel sind, gefährden diese intermodale Transportkonzepte. Bei der Anpassung der Richtlinie über höchstzulässige Abmessungen und Gewichte müssen die Besonderheiten des kombinierten Güterverkehrs berücksichtigt werden, z. B. in Bezug auf Höhenprofile. Da parallel auch die Richtlinie über den kombinierten Verkehr überarbeitet wird, ist eine Abstimmung der beiden Richtlinien aufeinander wichtig.
Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist ein zentraler Hebel für den Klimaschutz im Verkehrssektor. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es faire Rahmenbedingungen, die den Schienengüterverkehr stärken und einseitige Bevorzugungen des Straßengüterverkehrs vermeiden. Nur so kann eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilitätswende gelingen.
Der Vorschlag der Kommission begünstigt den Straßengüterverkehr, indem er größere und schwerere LKW zulässt, anstatt den Fokus auf den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur zu legen. Dies steht im Widerspruch zu den EU-Klimazielen und zur angestrebten Verkehrsverlagerung auf die Schiene.
Die geplante Anpassung der Straßen an größere LKW führt zu zusätzlichen Investitionen in die Straßeninfrastruktur, während der Schienengüterverkehr weiterhin mit hohen Kosten und regulatorischen Hürden belastet ist. Dies verstärkt den Wettbewerbsnachteil der Schiene und gefährdet eine nachhaltige Verkehrsverlagerung.
Die Wiener Stadtwerke begrüßen die Förderung alternativer Antriebe grundsätzlich. Allerdings sollte das höchstzulässige Gesamtgewicht für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben nur um das tatsächlich zusätzliche Gewicht der jeweiligen Antriebsart erhöht werden, wie es in der bisherigen Version der Richtlinie der Fall ist.