Netzdienliche Photovoltaik der Zukunft

Die Studie wurde von der Österreichischen Energieagentur (AEA) im Auftrag von Österreichs Energie erstellt und untersucht, wie Photovoltaikanlagen optimal in das Stromnetz integriert werden können. Im Mittelpunkt stehen dabei technische, regulatorische und wirtschaftliche Maßnahmen, die dazu beitragen, Solarstrom netzdienlich zu nutzen. Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, wie der Ausbau der Photovoltaik vorangetrieben werden kann, ohne dabei die Stabilität des Stromnetzes aus dem Blick zu verlieren.

Das Wichtigste in Kürze

  • PV-Ausbau erfordert neue Netzstrategien: Die steigende Anzahl von Photovoltaikanlagen stellt hohe Anforderungen an das Stromnetz. 
  • Netzdienliche Steuerung als Lösung: Flexible Einspeisung, Speicherintegration und digitale Netzsteuerung sind entscheidend. 
  • Regulatorischer Rahmen im Fokus: Anpassungen der Fördermechanismen und Marktregeln sind notwendig, um eine stabile Integration zu gewährleisten. 

Warum ist netzdienliche Photovoltaik wichtig?

Die Stromstrategie von Österreichs Energie geht davon aus, dass der Strombedarf in Österreich bis 2040 auf 140 TWh pro Jahr steigen wird. Aufgrund der Volatilität erneuerbarer Energien wird sich die installierte Leistung der Erzeugungsanlagen bis dahin verdreifachen. Photovoltaik soll dabei eine zentrale Rolle spielen: 30 GW installierte Leistung und 30 TWh Jahresproduktion werden für das Jahr 2040 erwartet. Stromerzeugung aus PV hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energiesektors und zur Energiewende. Doch mit dem schnellen Zuwachs von Anlagen entstehen neue Herausforderungen für das Stromnetz. Eine unkontrollierte Einspeisung von Solarstrom kann zu Netzengpässen führen und die Stabilität des Energieversorgungssystems gefährden. 

Ein Vergleich der geplanten PV-Leistung mit einem Szenario für den Netzausbau, basierend auf Einschätzungen der 14 größten Verteilnetzbetreiber Österreichs, zeigt eine Lücke von 4 GW zwischen benötigter und verfügbarer Netzkapazität. In ambitionierteren Szenarien, etwa von APG/ENTSO-E und dem ÖNIP, könnte die Lücke bis 2040 sogar zwischen 10 GW und 20 GW liegen. 

Herausforderungen bei der Integration von Photovoltaik

Der große Vorteil von Photovoltaik ist die dezentrale Stromerzeugung und die Möglichkeit, erneuerbare Energien direkt vor Ort zu nutzen. Gleichzeitig gibt es einige Herausforderungen, die bei einem weiteren Ausbau berücksichtigt werden müssen: 

  1. Volatile Einspeisung und Netzbelastung
    Die Stromproduktion von PV-Anlagen ist wetterabhängig und folgt bestimmten Mustern – hohe Einspeisung zur Mittagszeit, wenig bis gar keine Produktion in der Nacht. Dies führt zu einem hohen Bedarf an Speicherkapazitäten oder flexiblen Nachfragesteuerungen. Zudem kann eine hohe Einspeisung in bestimmten Netzgebieten zu lokalen Netzüberlastungen führen, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. 
  2. Fehlende Anreize für netzdienliches Verhalten
    Derzeit werden viele PV-Anlagen darauf optimiert, möglichst viel Strom ins Netz einzuspeisen. Dies kann in Zeiten hoher Produktion zu negativen Strompreisen oder Netzengpässen führen. Netzdienliche Maßnahmen wie Speicherlösungen oder flexible Einspeiseregime werden hingegen oft nicht ausreichend gefördert oder wirtschaftlich incentiviert. 
  3. Steigender Netzausbaubedarf
    Der massive Zubau von PV-Anlagen erfordert Investitionen in die Netzinfrastruktur. Anpassungen sind notwendig, um eine Überlastung zu vermeiden.  

Wo liegen die Herausforderungen für Netzbetreiber?

  1. Diskrepanz zwischen Netzausbau und PV-Zubau:
    Der Netzausbau hält mit der Expansion der PV-Kapazitäten nicht Schritt. Bereits jetzt zeigt sich, dass die prognostizierte PV-Leistung in vielen Regionen nur schwer in die bestehenden Netze integriert werden kann. 
  2. Volatile Einspeisung führt zu Netzengpässen:
    Da PV-Strom wetterabhängig ist und oft in Zeiten hoher Produktion nicht sofort verbraucht werden kann, entstehen Lastspitzen, die ohne geeignete Gegenmaßnahmen die Netzstabilität gefährden. 
  3. Fehlende Anreize für netzdienliches Verhalten:
    Bestehende Marktmechanismen und Fördermodelle fokussieren sich auf die Maximierung der Einspeisung, ohne ausreichend Anreize für Speichernutzung oder flexible Verbrauchsmodelle zu setzen. 
  4. Regulatorische und wirtschaftliche Hürden:
    Netzbetreiber stehen vor der Frage, wie sie ihre Infrastruktur ohne unverhältnismäßige Investitionskosten an die Anforderungen des PV-Ausbaus anpassen können. 

Lösungsansätze für eine netzdienliche Photovoltaik

Die Studie schlägt verschiedene Maßnahmen vor, um PV-Anlagen so zu gestalten, dass sie optimal in das bestehende Energiesystem integriert werden können. Dazu gehören technologische, wirtschaftliche und regulatorische Ansätze: 

  • Flexible Einspeisung und Lastmanagement:
    PV-Anlagen sollten nicht nur nach maximaler Erzeugung ausgerichtet sein, sondern auch an den tatsächlichen Strombedarf angepasst werden. Intelligente Steuerungen können dabei helfen, Einspeisespitzen zu vermeiden und den Strom dann bereitzustellen, wenn er gebraucht wird. 
  • Speicherintegration:
    Batteriespeicher sind eine entscheidende Technologie, um PV-Strom auch in den Abendstunden oder bei hoher Netzbelastung nutzen zu können. Neben dezentralen Hausspeichern können auch größere Quartierspeicher oder Netzdienstleistungsspeicher eine Rolle spielen. 
  • Dynamische Stromtarife und Marktmechanismen:
    Verbraucher*innen und Betreiber*innen von PV-Anlagen sollten durch flexible Tarife oder Fördermodelle Anreize erhalten, Strom dann zu nutzen oder zu speichern, wenn die Netzauslastung es erfordert. Dies könnte über variable Netzentgelte oder Boni für netzdienliches Verhalten geschehen. 
  • Digitale Netzinfrastruktur und Smart Grids:
    Die Einführung intelligenter Netze (Smart Grids) ermöglicht eine bessere Steuerung und Überwachung der Energieflüsse. Digitale Messsysteme können in Echtzeit Informationen über Lastflüsse liefern und automatisiert Maßnahmen zur Netzstabilisierung einleiten. 
  • Regulatorische Anpassungen:
    Die aktuellen Förder- und Marktmechanismen sollten so weiterentwickelt werden, dass netzdienliches Verhalten belohnt wird. Dazu gehört unter anderem die Förderung von Speichertechnologien, Lastmanagement-Lösungen und innovativen Netzdienstleistungen. 

Welche Handlungsoptionen gibt es?

Die Studie analysiert verschiedene Ansätze, mit denen die prognostizierte Lücke zwischen Netzausbau und PV-Zubau geschlossen werden kann. Neben dem klassischen Netzausbau gibt es auch innovative Alternativen: 

  • Gezielte Netzinvestitionen und Digitalisierung: 
    • Ausbau der Netzinfrastruktur in priorisierten Regionen mit hohem PV-Potenzial 
    • Optimierung der Netzplanung durch Smart-Grid-Technologien 
    • Einsatz digitaler Netzmanagementsysteme zur intelligenten Steuerung der Einspeisung 
  • Förderung netzdienlicher Photovoltaik-Konzepte:
    • Einführung von flexiblen Einspeisetarifen, die PV-Produzenten Anreize zur Anpassung ihrer Einspeisung bieten 
    • Ausbau der Speichernutzung (zentrale Batteriespeicher, Quartierspeicher) zur Glättung von Einspeisespitzen 
    • Förderung von "virtuellen Kraftwerken", die PV-Strom mit Speichern und steuerbaren Lasten kombinieren 
  • Einbindung flexibler Verbraucher*innen: 
    • Anreize für Unternehmen und Haushalte, ihren Stromverbrauch an Zeiten hoher PV-Produktion anzupassen und Speicher netzdienlich zu fahren 
    • Dynamische Netztarife und variable Strompreise zur Steuerung der Nachfrage
  • Marktanpassungen und regulatorische Änderungen: 
    • Einführung wirtschaftlicher Anreize für netzdienliche Einspeisung und Eigenverbrauch 
    • Überprüfung der bestehenden Netzentgelte, um netzdienliches Verhalten zu honorieren 
    • Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für Speicher- und Flexibilitätslösungen 

Fazit und Ausblick

Der Ausbau der Photovoltaik ist für die Energiewende unverzichtbar, stellt das Stromnetz aber auch vor neue Herausforderungen. Die Studie zeigt, dass sich diese bewältigen lassen: Eine bessere Steuerung der Einspeisung, mehr Speichermöglichkeiten und ein flexibler Umgang mit dem Netz schaffen die Voraussetzungen, um Solarstrom zuverlässig und nachhaltig zu integrieren. Entscheidend dafür ist, dass alle zusammenarbeiten – von den Netzbetreibern über die Energiewirtschaft bis hin zu Politik und Verbraucher*innen. Mit gezielten Investitionen in moderne Technologien, digitale Netze und neue Marktmodelle kann die Photovoltaik ihr volles Potenzial entfalten, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.