Netzregulierung und Finanzierung

Die Netzregulierung stellt sicher, dass die Strom- und Gasnetze auf effiziente, gerechte und nachhaltige Art und Weise betrieben werden können. Da der parallele Aufbau mehrerer Netzinfrastrukturen wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, gelten diese Netze als „natürliche Monopole“. Die E-Control überwacht diese Monopolstellung und stellt sicher, dass sie nicht missbraucht wird, sodass die Energieversorgung effizient und zukunftssicher bleibt.

Kostenstruktur und Regulierungsmechanismen der Netzinfrastruktur im Detail

In Österreich übernimmt die unabhängige Regulierungsbehörde E-Control diese Aufgabe. Die Finanzierung der Netze erfolgt über Netzentgelte, die von allen Verbraucher*innen und Unternehmen entrichtet werden. E-Control überprüft regelmäßig, ob die verrechneten Kosten gerechtfertigt sind und setzt Anreize, damit Netzbetreiber ihre Betriebsführung effizienter gestalten.

Da Strom- und Gasnetze natürliche Monopole sind, ist eine Regulierung erforderlich. Ohne sie könnten Netzbetreiber höhere Preise verlangen, Investitionen in den Netzausbau vernachlässigen oder den Marktzugang für neue Anbieter erschweren. Die staatliche Regulierung sorgt dafür, dass die Netze wirtschaftlich betrieben und weiterentwickelt werden. Sie schützt Verbraucher*innen vor unangemessenen Kosten, fördert faire Wettbewerbsbedingungen und unterstützt wichtige Infrastrukturprojekte wie die Energiewende. Zudem stellt sie sicher, dass die Netzentgelte auf nachvollziehbaren und notwendigen Kosten basieren und für politische oder fremdwirtschaftliche Zwecke missbraucht werden können.

In Österreich ist die unabhängige Regulierungsbehörde E-Control für die Netzregulierung im Strom- und Gasmarkt zuständig. Sie setzt rechtliche Vorgaben um, überwacht deren Einhaltung und greift bei Bedarf ein. Die Basis dafür bilden das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) sowie weitere nationale und europäische Regelungen. Die E-Control bestimmt zudem die Netzentgelte, sorgt für einen fairen Netzzugang und achtet darauf, dass die Finanzierung der Netzinfrastruktur transparent bleibt. Um mit technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen Schritt zu halten, passt sie die regulatorischen Vorgaben laufend an.

In Österreich basiert die Netzregulierung hauptsächlich auf der sogenannten Anreizregulierung. Die E-Control prüft, welche Kosten der Netzbetreiber als gerechtfertigt gelten und über die Netzentgelte an die Verbraucher*innen weitergegeben werden dürfen. Gleichzeitig setzt die Behörde Anreize, damit Netzbetreiber effizient wirtschaften und Kosten senken. Dabei wird auch darauf geachtet, dass Einsparungen nicht auf Kosten der Versorgungssicherheit gehen. Zudem stellt die Regulierung sicher, dass alle Anbieter im Strom- und Gasmarkt gleichberechtigten Zugang zu den Netzen haben. Durch diesen transparenten und wettbewerbsorientierten Ansatz trägt die E-Control dazu bei, fairen Wettbewerb zu ermöglichen und Marktmissbrauch zu verhindern.

Die Netzregulierung hat mehrere zentrale Aufgaben. An erster Stelle steht die Versorgungssicherheit, da stabile und zuverlässige Netze für Haushalte, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen unerlässlich sind. Gleichzeitig soll sie Anreize schaffen, damit Netzbetreiber effizient wirtschaften und moderne Technologien nutzen. Auch der Schutz der Verbraucher*innen ist ein wichtiges Ziel – etwa durch transparente Preise und die Vermeidung überhöhter Netzentgelte. Zudem trägt die Regulierung dazu bei, erneuerbare Energien besser ins Netz zu integrieren. Damit die Energiewende gelingt, müssen die Netze ausgebaut und modernisiert werden, um eine nachhaltige Stromversorgung langfristig zu sichern.

Die Entgelte für die Nutzung der Strom- und Gasnetze werden reguliert, um ein Gleichgewicht zwischen fairen Preisen für die Verbraucher*innen und einer wirtschaftlichen Betriebsführung der Netzbetreiber herzustellen. Ohne Regulierung bestünde die Gefahr überhöhter Kosten oder ineffizienter Strukturen. Klare Vorgaben stellen sicher, dass nur notwendige und gerechtfertigte Aufwendungen in die Netzentgelte einfließen.

Die Regulierungskommission der E-Control legt die Netzentgelte auf Basis einer detaillierten Kostenprüfung fest. Dafür werden alle Ausgaben analysiert, die für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau der Netzinfrastruktur notwendig sind. Neben laufenden Betriebskosten (OPEX) fließen auch langfristige Investitionen (CAPEX) in die Berechnung ein. Anerkannt werden nur nachweislich notwendige und angemessene Kosten.

 

Ein wichtiger Faktor ist die Kapitalverzinsung (Weighted Average Cost of Capital – WACC), die sicherstellt, dass Netzbetreiber eine angemessene Rendite auf ihr eingesetztes Kapital erhalten. Das ermöglicht langfristige Investitionen in die Infrastruktur. E-Control überprüft regelmäßig, ob der WACC marktgerecht ist, und passt die Netzentgelte entsprechend an. So bleibt der Netzbetrieb wirtschaftlich tragfähig, während Verbraucher*innen vor unangemessen hohen Kosten geschützt werden.

Eine Regulierungsperiode legt fest, wie die Netzentgelte und die Rahmenbedingungen für die Strom- und Gasnetze über einen bestimmten Zeitraum berechnet und gesteuert werden. In Österreich dauert eine solche Periode in der Regel fünf Jahre. Das gibt Netzbetreibern Planungssicherheit für Investitionen in den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur. Gleichzeitig bleiben die Netzentgelte für Verbraucher*innen stabil und vorhersehbar, da kurzfristige Änderungen vermieden werden. Die aktuelle, fünfte Regulierungsperiode für Strom gilt von 2024 bis 2028.

Die Regulierungsbehörde E-Control bestimmt innerhalb einer Regulierungsperiode insbesondere

  • die Höhe der Netztarife auf Basis der geprüften und effizienten Betriebskosten und Investitionen.
  • Anreizsysteme zur Förderung von Investitionen in den Ausbau und die Modernisierung der Netzinfrastruktur.
  • Vorgaben, welche Betriebskosten (OPEX) und Investitionskosten (CAPEX) als angemessen anerkannt werden.
  • wie die Finanzierungskosten der Netzbetreiber berücksichtigt werden, insbesondere durch die Festlegung einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals (WACC).

Das WACC-Modell legt fest, wie hoch die Verzinsung des von Netzbetreibern eingesetzten Kapitals sein darf. Dabei werden sowohl Eigenkapital- als auch Fremdkapitalkosten berücksichtigt und zu einem gewichteten Durchschnitt zusammengeführt. Diese Methode gibt Netzbetreibern Planungssicherheit für Investitionen in den Netzausbau und die Modernisierung der Infrastruktur. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass die Finanzierungskosten fair bleiben und Verbraucher*innen nicht durch unnötig hohe Entgelte belastet werden. Ohne eine geregelte Finanzierung könnte es passieren, dass zu wenig in das Netz investiert wird, was langfristig die Versorgungssicherheit gefährden würde.

Das WACC-Modell spielt eine wichtige Rolle in der Netzregulierung, da Netzbetreiber die Höhe der Netzentgelte nicht selbst festlegen dürfen. Es sorgt für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen wirtschaftlich sinnvollen Investitionen in die Netzinfrastruktur und fairen Kosten für Verbraucher*innen. Eine klare Berechnung der Kapitalverzinsung stellt sicher, dass Investitionen attraktiv bleiben, ohne dass die Gebühren unnötig steigen. Ein zu niedriger Wert könnte dazu führen, dass Netzbetreiber weniger investieren, was die Qualität und Sicherheit der Versorgung beeinträchtigen würde. Ein zu hoher Wert würde hingegen Verbraucher*innen unnötig belasten.

Rechtlich hat Unbundling seinen Ursprung in den europäischen Rechtsakten zur Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes. Die Einhaltung der Unbundling-Vorschriften wird von der E-Control als Regulierungsbehörde ständig beobachtet.

Im Kontext der Energiewirtschaft bedeutet Unbundling („Entflechtung“) die Trennung von Netzbetrieb und den wettbewerblichen Aktivitäten (Erzeugung, Vertrieb) eines integrierten Energieversorgungsunternehmens (EVU). Vertikal integrierte EVUs erbringen Tätigkeiten entlang der Wertschöpfungskette, das heißt, sie erzeugen, liefern und verteilen Energie über ihre Netze. Das Gaswirtschaftsgesetz enthält eine Legaldefinition zu vertikal integrierten Erdgasunternehmen. Die genaue Definition eines vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens findet sich im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz.

Aus der Eingliederung des Netzbetriebs bei vertikal integrierten EVU resultiert unter Umständen eine Diskriminierung anderer Marktteilnehmer*innen beim Netzzugang. Das integrierte EVU kann Unternehmen, mit denen es im Bereich Erzeugung oder Vertrieb in Konkurrenz steht, den Netzzugang erschweren und sich dadurch einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschaffen. Netzinfrastruktur ist nicht beliebig duplizierbar, den Marktteilnehmer*innen bleibt also keine Ausweichmöglichkeit auf andere Netze. Zudem fehlt bei integrierten EVU möglicherweise der Anreiz, ausreichend in ihre Netze zu investieren.

Diese unerwünschten Effekte wurden im Zuge der europarechtlichen Energiemarkt-Liberalisierung schrittweise abgebaut. Vormals geschlossene Märkte wurden für Drittanbieter*innen geöffnet. Unbundling-Vorschriften gewährleisten den diskriminierungsfreien Netzzugang verschiedener Energieanbieter*innen und sichern dadurch den Wettbewerb.

Unbundling sorgt dafür, dass der Netzbetrieb unabhängig von der Energieversorgung bleibt. Diese Trennung ist wichtig, um fairen Wettbewerb sicherzustellen und allen Anbietern den gleichen Zugang zu den Netzen zu ermöglichen. Die E-Control überwacht, dass Netzbetreiber keine Bevorzugung einzelner Anbieter vornehmen und die Netzentgelte nachvollziehbar bleiben. Zudem stellt sie sicher, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Entflechtung eingehalten werden. Durch regelmäßige Prüfungen und Marktanalysen wird überprüft, ob die Trennung in der Praxis funktioniert und der Wettbewerb auf dem Energiemarkt erhalten bleibt.

Die Wiener Netze gewährleisten Fairness und Gleichbehandlung, indem sie allen Strom- und Gaslieferanten einen offenen und diskriminierungsfreien Zugang zu ihren Netzen bieten. Grundlage dafür ist das Gleichbehandlungsprogramm, das klare Verhaltensregeln für die Mitarbeiter*innen vorgibt und sicherstellt, dass der Netzbetrieb transparent und neutral geführt wird.

Ein*e unabhängige*r Geichbehandlungsbeauftragte*r überwacht die Einhaltung dieser Vorgaben und erstattet regelmäßig Bericht an die Unternehmensleitung, die Regulierungsbehörde E-Control sowie die Landesregierungen von Wien, Niederösterreich und Burgenland. Die rechtliche Grundlage dafür bilden unter anderem das Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz 2005, das Gaswirtschaftsgesetz (GWG) und das Burgenländische Elektrizitätswesengesetz 2006.

Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und den Wettbewerb zu unterstützen, investieren die Wiener Netze jährlich rund 300 Millionen Euro in den Ausbau, die Wartung und die Modernisierung der Infrastruktur. Diese Investitionen sind zudem entscheidend für die Integration erneuerbarer Energien.

Die Netzregulierung steht vor mehreren Herausforderungen, die insbesondere durch die Energiewende entstehen:

  • Zunehmende Dezentralisierung der Stromerzeugung:
    Immer mehr Haushalte und Unternehmen produzieren Strom aus erneuerbaren Energien und speisen diesen ins Netz ein. Dadurch entstehen größere Schwankungen und Engpässe, die von den Netzbetreibern flexibel ausgeglichen werden müssen.
  • Steigende Netzbelastung durch Elektromobilität und Wärmepumpen:
    Der Stromverbrauch nimmt aufgrund neuer Technologien, wie Elektroautos und Wärmepumpen, stark zu. Die bestehenden Netze müssen daher weiter ausgebaut und modernisiert werden, um diese zusätzlichen Belastungen sicher bewältigen zu können.
  • Digitalisierung der Netzsteuerung:
    Die Integration digitaler Technologien und intelligenter Steuerungssysteme (z. B. Smart Grids) wird essenziell, um die Netzsteuerung effizienter zu machen und Engpässe frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
  • Notwendigkeit flexibler und anpassungsfähiger Regulierung:
    Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen laufend an technologische Innovationen und Marktveränderungen angepasst werden. Die große Herausforderung besteht darin, einerseits Innovationen zu ermöglichen und andererseits langfristige Planungssicherheit für Netzbetreiber und Verbraucher*innen zu garantieren.

In den kommenden Jahren wird die Netzregulierung verstärkt auf flexible Anpassungen setzen, um den Anforderungen der Energiewende gerecht zu werden. Neue Technologien und innovative Ansätze sollen dabei gezielt gefördert werden. Ein wichtiger Aspekt ist die Einführung intelligenter Tarifsysteme, die Verbraucher*innen zu einer netzentlastenden Nutzung anregen. Zudem gewinnt die europäische Zusammenarbeit an Bedeutung, um den Energiebinnenmarkt weiterzuentwickeln und grenzüberschreitende Stromflüsse effizienter zu steuern. Ziel ist es, Versorgungssicherheit, fairen Wettbewerb und eine zukunftsfähige Netzinfrastruktur bestmöglich zu verbinden.