Sprechen wir über die Richtlinie zum Kombinierten Verkehr

Für das Erreichen der europäischen Klimaziele muss mehr Güterverkehr auf nachhaltige Verkehrsträger verlagert werden. Der Kombinierte Verkehr verbindet die Vorteile einzelner Modi, so zum Beispiel die Umweltvorteile der Schiene mit der Flexibilität der Straße für die letzte Meile. Wie kann eine Überarbeitung der entsprechenden EU-Richtlinie dazu beitragen, die negativen Umweltauswirkungen des Güterverkehrs zu reduzieren?

Wichtige Fakten auf einen Blick

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Mal weniger
Emissionen verursacht der Schienengüterverkehr im Vergleich zum Straßengüterverkehr

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Mal weniger
Energieverbrauch beim Gütertransport auf der Schiene im Vergleich zum Lkw

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Mal geringere
externe Kosten für Schiene und Binnenschifffahrt im Vergleich zum Straßengüterverkehr

Im multimodalen Verkehr, dem allgemeinsten der drei Begriffe, werden Güter mit zwei oder mehr Verkehrsträgern befördert. Dazu gehören Kombinationen aus Straße, Schiene, Binnenschiff oder Seeverkehr. Der intermodale Verkehr bezeichnet multimodalen Güterverkehr, bei dem die Ladeeinheit, wie Container oder Wechselbrücke, während des gesamten Transports unverändert bleibt. Der Kombinierte Verkehr (KV) ist eine Unterform des intermodalen Verkehrs, bei der der Hauptlauf auf den Schienenverkehr oder den Schiff- und Seefrachtverkehr eingegrenzt ist und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird. Dadurch können CO₂-Emissionen deutlich reduziert, die Straßeninfrastruktur entlastet und der Gütertransport insgesamt nachhaltiger gestaltet werden.

Der unbegleitete Kombinierte Verkehr (UKV) transportiert Ladeeinheiten wie Container, Wechselbehälter oder kranbare Sattelauflieger ohne das begleitende Fahrzeug, wobei der Hauptlauf über die Schiene oder per Binnenschiff erfolgt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße möglichst kurzgehalten wird. Im Gegensatz dazu umfasst der begleitete Kombinierte Verkehr, auch als Rollende Landstraße (RoLa) bekannt, den Transport kompletter beladener Lastkraftwagen samt Fahrer*innen auf speziellen Zügen oder Schiffen. Während der UKV effizienter und umweltfreundlicher ist, da weniger Straßennutzung und Fahrpersonal benötigt wird, bietet der begleitete Kombinierte Verkehr eine schnellere Umschlagmöglichkeit, da keine zusätzlichen Umladevorgänge für die Ladeeinheiten erforderlich sind.

Im November 2023 legte die Europäische Kommission als Teil des Europäischen Green Deals einen Vorschlag für eine Überarbeitung der KV-Richtlinie vor. Er soll die Ökologisierung des Güterverkehrs vorantreiben, indem er Anreize für die Verkehrsverlagerung auf nachhaltige Verkehrsträger schafft. Die Richtlinie soll die Nutzung des intermodalen Verkehrs erhöhen und durch gezielte Fördermaßnahmen insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der intermodalen Operationen verbessern, die den größten Beitrag zu nachhaltigerem Güterverkehr leisten.

Einige Teile der Richtlinie sind bereits veraltet, da sie zuletzt 1992 geändert wurde. In der Zwischenzeit scheiterten zwei Überarbeitungsversuche in den Jahren 1998 und 2017, da keine zufriedenstellende Einigung gefunden werden konnte.

Kern des Kommissionsvorschlags ist eine neue Definition des kombinierten Verkehrs (KV), die stark auf die externen Kosten der einzelnen Modi abzielt. Zukünftig sollen intermodale Verkehre dann als KV gelten, wenn sie gegenüber dem reinen Straßentransport 40 Prozent an externen Kosten einsparen. Damit kehrt sich die Kommission von der derzeitigen distanzbasierten Definition des KV ab, die an die Entfernung zum nächstgelegenen geeigneten Terminal gekoppelt ist.

Externe Kosten beinhalten alle Folgekosten des Verkehrs, die bisher die Allgemeinheit, nicht aber der oder die Verursacher*in getragen hat. Darunter fallen zum Beispiel Kosten für Unfälle, Luftverschmutzung, Klimaschäden, Lärm und Stau. Die externen Kosten des Straßenverkehrs sind deutlich höher als die externen Kosten des Schienenverkehrs.  

Der Vorschlag sieht eine EU-weite Befreiung des Vor- und Nachlaufs im Kombinierten Verkehr von temporären Fahrverboten an Wochenenden, Feiertagen und in der Nacht vor. Dies soll dazu beitragen, die Nutzung von Terminal- und Infrastrukturkapazitäten zu verbessern, indem LKW die kurzen Zubringerstrecken so planen können, dass sie zeitlich optimal mit den Abfahrtszeiten von Bahn oder Schiffen abgestimmt sind. 

Die Mitgliedstaaten sollen innerhalb von sieben Jahren die durchschnittlichen Haus-zu-Haus-Kosten im KV um mindestens 10 % senken. Sie sind verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen.

Neben spezifischen Fördermaßnahmen für den KV enthält der Vorschlag auch Elemente zur Förderung des intermodalen Verkehrs. Die Mitgliedstaaten werden dazu verpflichtet, nationale politische Rahmen für den intermodalen Verkehr zu erstellen.

Um die Transparenz nationaler Maßnahmen zu verbessern, ist ein neues EU-Gateway für Informationen zum intermodalen Verkehr geplant. Es soll Links zu den nationalen politischen Rahmen aller Mitgliedstaaten sowie praktische Informationen über bestehende Maßnahmen bereitstellen.

Terminalbetreiber sollen künftig auf ihren Websites Mindestinformationen über die angebotenen Dienste und Einrichtungen an ihren Umschlagterminals in der EU bereitstellen. Dadurch soll der Zugang zu wichtigen Infrastrukturdaten erleichtert und die Nutzung intermodaler Transportketten gefördert werden.

Seit der Veröffentlichung des Kommissionsvorschlags haben weder Rat noch Europäisches Parlament eine Verhandlungsposition angenommen (Stand Anfang April 2025). Insbesondere in Bezug auf die Definition des Kombinierten Verkehrs sind schwierige Verhandlungen zu erwarten.

Forderungen

Die geplante Überarbeitung der EU-Richtlinie und die neue Definition zum kombinierten Verkehr ist ein wichtiges Zeichen für den Schienengüterverkehr und dessen positive Effekte auf die Treibhausgasbilanz. Um die Verlagerung auf die Schiene zu stärken, braucht es eine klare und praxisnahe Definition des kombinierten Verkehrs, faire Rahmenbedingungen beim Kostenvergleich mit der Straße sowie gezielte finanzielle und regulatorische Anreize. Nur so kann ein zukunftsfähiger, multimodaler Güterverkehr in Europa gelingen.

Grundsätzlich setzt die neue Definition ein wichtiges Zeichen für den Schienengüterverkehr und dessen positive Effekte auf die Treibhausgasbilanz. Gleichzeitig muss sie klar gefasst werden, um Wettbewerbsnachteile für die Schiene zu vermeiden. Die Berechnung externer Kosten darf nicht zu einer überproportionalen Benachteiligung des Schienenverkehrs führen, insbesondere durch die überhöhte Gewichtung von Lärmemissionen. Der volle Berechnungsumfang lässt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen, da die Aktualisierung des europäischen Handbuchs für externe Kosten, das als Grundlage dienen soll, derzeit noch aussteht.

Zudem sollte der Vor- und Nachlauf weiterhin in den Transportketten berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass Langstrecken nicht auf die Straße verlagert werden. Eine Kilometerangabe als Kriterium und ein Verweis auf die Nutzung von nächstgelegenen und technisch geeigneten Zugterminals sollte daher weiter bestehen bleiben.

Die Verknüpfung der Förderwürdigkeit mit der Nutzung von Plattformen für elektronische Frachtbeförderungsinformationen (eFTI-Plattformen) ist ein positiver Schritt, muss jedoch transparent und möglichst praxisgerecht gestaltet sein. Bisher fehlt es noch an Praxiserfahrung mit den Plattformen, die erst mit der eFTI-Verordnung eingeführt wurden und für die es bislang noch keine Nutzungsverpflichtung gab. Mit der Überarbeitung der KV-Richtlinie werden Unternehmen nun verpflichtet, digitale Transportinformationen zu nutzen, wenn sie von Fördermaßnahmen profitieren möchten. Zudem sollen erhobene Daten zu externen Kosten aggregiert von der Kommission veröffentlicht werden, was mit Blick auf eine fundierte Weiterentwicklung des kombinierten Verkehrs positiv zu bewerten ist.

Die Mitgliedstaaten sollten verpflichtet werden, Maßnahmen zur Reduzierung der Tür-zu-Tür-Kosten um mindestens 10 % umzusetzen – wie auch im Kommissionsvorschlag vorgesehen. Darüber hinaus muss die Liste der förderfähigen Maßnahmen um gezielte staatliche Beihilfen für den Schienengüterverkehr erweitert werden. Besonders wichtig sind dabei Interoperabilitäts- und Asset-Investitionsförderungen, die bislang nicht in den Eisenbahn-Beihilfeleitlinien vorgesehen sind.

Die geplante Befreiung von Wochenend-, Nacht- und Feiertagsfahrverboten für Straßentransporte im Vor- und Nachlauf kann helfen, die Effizienz an Terminals zu steigern. Allerdings birgt sie das Risiko, dass insbesondere im Hafenhinterlandverkehr Transporte von der Schiene auf die Straße verlagert werden. Daher muss eine klare Definition der zulässigen Vor- und Nachlaufdistanzen eingeführt werden, um sicherzustellen, dass Terminals – insbesondere in kleineren Transitländern wie Österreich – weiterhin genutzt werden.

Die Richtlinie muss klare Kriterien für die Schienenkompatibilität von Straßenfahrzeugen enthalten. Dies betrifft insbesondere Kranbarkeit, Abmessungen und Faltbarkeit, da fehlende Standardisierungen die Integration der verschiedenen Verkehrsträger erschweren. Ohne diese Vorgaben könnte der Ausbau des kombinierten Verkehrs behindert werden und der multimodale Güterverkehr nicht effizient funktionieren.