Entwurf des europäischen Mehrjährigen Finanzrahmens 2028-2034 veröffentlicht

Amy Radlberger
07/17/2025

Die Europäische Kommission hat ihren Vorschlag für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2028–2034 veröffentlicht, der ein Volumen von ca. 2 Billionen Euro umfassen soll. Die Anzahl der EU-Förderprogramme soll deutlich sinken (von rund 52 auf 16) und die Regeln vereinheitlicht werden. Zwar sollen 35% für Klimamaßnahmen ausgegeben werden, dennoch werden im Einklang mit den neuen EU-Prioritäten auch die Schwerpunkte auf Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit gelegt.

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Ursula von der Leyen und Paula Pinho bei der Präsentation des mehrjährigen Finanzrahmens der EU

Was ist der mehrjährige Finanzrahmen?

Der MFR ist der langfristige Haushaltsplan der Europäischen Union und muss für eine Dauer von mindestens fünf Jahren abgeschlossen werden. Mit dem MFR werden nicht nur die Prioritäten der EU für die nächsten Jahre festgelegt, sondern auch Programme und Maßnahmen in den verschiedenen Politikbereichen finanziert. Dafür werden jährliche Höchstbeträge (Obergrenzen) festgelegt, die in den einzelnen Politikfeldern (Rubriken) ausgegeben werden dürfen. Diese langfristige Finanzplanung soll dafür sorgen, dass sich die Ausgaben an den politischen Prioritäten der EU ausrichten, und Planungssicherheit bei EU-Finanzierungen sichergestellt wird.

Der EU-Haushalt 2028-2034 soll laut dem vorgelegten Kommissionsvorschlag im Vergleich zum aktuellen 7-Jahres-Zeitraum leicht wachsen: Geplant sind 2 Billionen Euro bzw. 1,26 % des BNE (derzeit 1,13 %). Durch Rückzahlungen für den COVID-19-Aufbauplan „NextGenerationEU“ sinkt der effektive Wert allerdings auf 1,15 %.

Der Vorschlag der Kommission wird nun bis Ende 2027 mit dem Rat und dem Parlament verhandelt, wobei unter den Mitgliedsstaaten für einen Beschluss Einstimmigkeit herrschen muss.

Woher sollen die Gelder kommen?

Bisher stammt der größte Teil des EU-Budgets aus den Budgets der Mitgliedsstaaten. Angesichts der angespannten Budgetlage in den Mitgliedsstaaten und den zusätzlichen Herausforderungen der EU schlägt die Kommission neue Einnahmequellen vor.

Zu diesem Zweck enthält der Kommissionsvorschlag insgesamt fünf neue Eigenmittel:

  • Corporate Resource for Europe (CORE): Eine jährliche Pauschalabgabe von Unternehmen – ausgenommen kleine und mittlere Unternehmen – die in der EU tätig sind und einen Nettoumsatz von mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr erzielen. Erwartetes jährliches Aufkommen: rund 6,8 Milliarden Euro im Durchschnitt.
  • EU-Emissionshandelssystem (ETS): Zukünftig sollen 30% der Einnahmen aus dem bestehenden ETS1 in den EU-Haushalt fließen. Erwartetes jährliches Aufkommen: rund 9,6 Milliarden Euro.
  • CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM): 75% der Einnahmen aus dem CBAM sollen an den EU-Haushalt gehen. Erwartetes jährliches Aufkommen: rund 1,4 Milliarden Euro.
  • Eigenmittel auf Basis nicht gesammelter Elektroschrottmengen: Durch Anwendung eines einheitlichen Satzes auf das Gewicht von nicht gesammeltem E-Schrott. Erwartetes jährliches Aufkommen: rund 15 Milliarden Euro im Durchschnitt.
  • Eigenmittel aus der Tabakverbrauchsteuer: 15% der Einnahmen aus den mitgliedstaatlich festgelegten Tabaksteuern. Erwartetes jährliches Aufkommen: rund 11,2 Milliarden Euro im Durchschnitt.

Besonders die neue Abgabe für Unternehmen sorgt für Aufsehen und dürfte einer der zentralen Streitpunkte in den Verhandlungen werden.

Wie ist der EU-Haushalt strukturiert?

Ein zentrales Element wird der neue EU-Wettbewerbsfonds (ECF), unter dem eine Vielzahl von Programmen gebündelt wird, sowie die neuen nationalen und regionalen Partnerschaftspläne (NRPP). Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm Horizon Europe bleibt eigenständig, auch die CEF-Programme werden weitergeführt. Im Detail sollen die neuen Programme und Mechanismen folgendermaßen ausgestaltet sein:

Der EU-Wettbewerbsfonds (ECF) – ein neuer Fördermechanismus

Mit dem „Wettbewerbsfähigkeitskompass“ hat die Kommission bereits Anfang des Jahres einen neuen Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit (ECF) angekündigt. Damit sollen viele bestehende EU-Finanzierungsprogramme ersetzt werden und durch gezielte Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.

Im Rahmen des ECF sollen 11 bestehende Programme – darunter „Digitales Europa“ und das EU-LIFE-Programm sowie der Innovationsfonds – zusammengeführt und so ausgestaltet werden, dass sie flexibel auf neue Herausforderungen und Prioritäten reagieren können. Die Fördermittel (insgesamt 410 Mrd. Euro) werden entweder über Arbeitsprogramme (Zuschüsse und öffentliche Aufträge) oder über Investitionsrichtlinien im Rahmen des Instruments „InvestEU“ bereitgestellt.

Wie ist der Europäische Fonds für Wettbewerbsfähigkeit (ECF) inhaltlich ausgerichtet?

Der ECF setzt vier thematische Schwerpunkte:

  • Sauberer Wandel & industrielle Dekarbonisierung: Umfasst unter anderem die Förderung alternativer Kraftstoffe, Dekarbonisierung energieintensiver Industrie und Ausbau moderner Infrastruktur.
  • Gesundheit, Biotechnologie & Bioökonomie: Fokus auf Innovation, Krisenresilienz im Gesundheitsbereich und biobasierte Produkte.
  • Digitale Führung: Aufbau sicherer digitaler Ökosysteme und Förderung von KI, digitalen Wallets und Interoperabilität sowie Gewährleistung von Cybersicherheit.
  • Resilienz, Verteidigung & Raumfahrt: Investitionen in die Sicherung kritischer Rohstoffe, Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastruktur und Raumfahrttechnologien.

Neues ECF-Instrument „InvestEU “

Im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der Europäischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank wird das neue ECF-Instrument „InvestEU“ vielfältige Finanzierungsformen bereitstellen. Dazu zählen unter anderem Darlehen, Garantien, Rückgarantien, Kapitalmarktinstrumente sowie andere Formen der Finanzierung oder Bonitätsverbesserung. Das ECF-Instrument „InvestEU“ besteht aus einer EU-Komponente und einer Mitgliedstaaten-Komponente.

Forschungs- und Entwicklungsprogramm Horizon Europe bleibt eigenständig

Das kommende Forschungs- und Entwicklungsprogramm der EU „Horizon Europe“ bleibt weiterhin als eigenständiges Programm bestehen und wird nicht in den ECF integriert. Das Budget soll außerdem auf 175 Mrd. Euro verdoppelt werden.

Die Europäischen Partnerschaften sollen grundsätzlich fortgeführt werden – allerdings wurde bislang nicht konkret benannt, welche davon tatsächlich weitergeführt werden sollen. Derzeit bestehen die folgenden Partnerschaften: Partnerschaft für sauberen Wasserstoff, für emissionsfreien Straßenverkehr, für eine saubere Energiewende und für vernetztes und automatisiertes Fahren.

Finanzierung vereinfachen – Verfahren beschleunigen

Die Horizon Europe Finanzierungsthemen sollen künftig flexibler ausgestaltet sein. Durch die reduzierten inhaltlichen Vorgaben hinsichtlich der Verwendung der Fördermittel sollen Antragsteller*innen mehr Gestaltungsspielraum erhalten. Gleichzeitig werden die thematischen Bereiche breiter gefasst. Dies soll dazu führen, dass mehrere Projekte im selben Bereich finanziert werden können.

Die Zeit bis zur Förderung (Time-to-Grant) wird auf 7 Monate verkürzt. Ebenfalls sind Pauschalsätze von 70% für große Unternehmen vorgesehen. Die Grundlage für die Freigabe der Finanzierung von Pauschalbeträgen basiert auf dem Erreichen von Ergebnissen und nicht auf Basis der Kosten.

Nationale und regionale Partnerschaftspläne (NRPP) und eine neue Unionsfazilität

Eine weitere Neuerung: Ein neuer europäischer Fonds für nachhaltigen Wohlstand und Sicherheit soll eingerichtet werden. Dieser wird den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds sowie die Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik und die Fischerei unter einem Dach zusammenfassen.

Der neue Fonds sollte hauptsächlich über nationale und regionale Partnerschaftspläne (die „NRP-Pläne“, ähnlich den von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission gemeinsam verwalteten Aufbau- und Resilienzplänen) und eine neue Unionsfazilität („die Fazilität“, verwaltet von der Europäischen Kommission) umgesetzt werden. Ziel ist eine flexiblere Steuerung, z.B. bei Krisen sowie ein stärkerer Gestaltungsspielraum der Mitgliedsstaaten.

Jeder Mitgliedstaat muss der Kommission den NRP vorlegen. Die Zahlungen an die Mitgliedstaaten erfolgen unter der Voraussetzung, dass die Ergebnisse erzielt und die Bedingungen erfüllt sind. Wie bei der Aufbau- und Resilienzfazilität (die Covid-19-Wiederaufbaupläne) scheint es feste Fristen für die Zahlungen zu geben, und sollten diese Fristen nicht eingehalten werden, wird die Mittelbindung zurückgenommen.

Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, regionale und territoriale Kapitel in ihren NRP-Plänen aufzunehmen und müssen außerdem einen Plan für die interregionale Zusammenarbeit (Interreg) und einen Stadtentwicklungsplan im NRP ausarbeiten. Die Aktivitäten des nationalen Klimasozialfonds sollen ab 2028 in die NRP-Pläne integriert werden.

Eine Reihe von Zielen wird im Rahmen des neuen Programms förderfähig sein, darunter saubere Energieinfrastruktur und -technologien sowie die Förderung der Kreislaufwirtschaft, die digitale Transformation, bezahlbarer Wohnraum, transeuropäische Verkehrs- und Energienetzinfrastrukturen, Klimaschutz, Biodiversität, die Verbesserung des Arbeitskräfteangebots sowie die Verbesserung der Bildung und des lebenslangen Erwerbs von Kompetenzen.  Die Unionsfazilität soll den EU-Solidaritätsfonds ersetzen.

„Connecting Europe“ (Energie und Verkehr) wird fortgesetzt

Die „Connecting Europe Facility“ (CEF) wird als essenzielles Förderinstrument für grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte im Bereich Verkehr, Energie und militärische Mobilität betont. Besonders hervorgehoben wird die notwendige enge Verzahnung mit dem „European Competitiveness Fund“ (ECF). Ziel ist es, Synergien zwischen CEF-geförderten transeuropäischen Netzen und ECF-Investitionen zu schaffen, etwa bei der Entwicklung klimafreundlicher Transportinfrastrukturen. Der Fokus liegt dabei auch auf dual-use Technologien, also Infrastrukturen und Gütern mit zivilen und militärischen Nutzungsmöglichkeiten. Insgesamt sollen die Mittel für CEF Transport verdoppelt werden. Grenzüberschreitende Energieprojekte werden durch die CEF Energy finanziert, deren Budget ihrerseits verfünffacht wird. Verteilnetze sollen hingegen aus nationalen und regionalen Mitteln finanziert werden.

Im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ wird das Prinzip „use it or lose it“ (nutzen oder verlieren) gelten, wonach Verzögerungen bei der Umsetzung dazu führen können, dass Projektträger Fördermittel für künftige Jahre verlieren. Dies soll weiterhin eine effiziente Nutzung des EU-Haushalts gewährleisten und starke Anreize für eine rasche Umsetzung bieten.

Förderkonditionen

Ob ein Projekt rückzahlbare oder nicht rückzahlbare EU-Gelder bekommt, hängt davon ab, was genau gefördert werden soll. Ziel ist es, Investitionen aus der Privatwirtschaft zu unterstützen und das Projektrisiko dank Förderungen zu reduzieren. Die EU soll aber nur so viel Geld geben, wie unbedingt nötig. Deshalb sollten Förderquoten möglichst niedrig sein, aber ausreichen, um das Projekt möglich zu machen. Es wird verschiedene Förderformen geben, etwa Zuschüsse, Darlehen oder sogenannte Mischfinanzierungen. Auch Förder-Auktionen sind möglich.

Weitere Förderprogramme und nächste Schritte

Das Erasmus+ Programm zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung und Jugend wird mit einem doppelten Budget auch weitergehen. Ein neues “AgoraEU” Programm wird gemeinsame Werte wie Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit fördern und die kulturelle Vielfalt Europas, seinen audiovisuellen und kreativen Sektor, die Medienfreiheit und die Beteiligung der Zivilgesellschaft unterstützen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass der neue EU-Haushalt die Weichen für die kommenden Jahre stellt und zentrale politische Prioritäten abbildet. Die Veröffentlichung der Vorschläge seitens der Kommission ist lediglich der Beginn zweijähriger Verhandlungen zwischen dem Rat und dem EU-Parlament. Mitgliedsstaaten und EU-Parlamentsabgeordnete haben sich teilweise bereits kritisch zu den Vorschlägen der Kommission geäußert, was schwierige und langwierige Verhandlungen verheißen lässt, zumal bei den Mitgliedsstaaten für den Beschluss Einstimmigkeit notwendig ist.

Bis Ende 2027 müssen die Verhandlungen spätestens abgeschlossen sein. Weitere Informationen zu den Förderprogrammen werden in den nächsten Wochen in einzelnen Verordnungsentwürfen bekannt gegeben.

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Amy Radlberger

Competence Center Fördermanagement, Wiener Stadtwerke