Elena Gehmayr
07/01/2025
Am 6. Mai hat die Europäische Kommission ihren Fahrplan für den Ausstieg aus russischen Energieimporten vorgelegt. Ziel ist, bis Ende 2027 kein Gas, Öl oder Kernbrennstoffe mehr aus Russland zu beziehen. Energiekommissar Dan Jørgensen präsentierte im Juni dazu einen Gesetzesvorschlag: Neue Lieferverträge für russisches Erdgas sollen demnach ab 1. Jänner 2026 verboten sein, bestehende Verträge spätestens bis Ende 2027 auslaufen. Ein stufenweises Vorgehen soll Versorgungssicherheit und Preisstabilität gewährleisten.
Unabhängiger von Energieimporten und vor allem von unsicheren, geopolitischen Unruhen im Energiebereich zu werden, war bereits ein zentrales Ziel der vergangenen EU-Kommission. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sowie hohe, stark volatile Energiepreise haben die Kommission zum Handeln gebracht. Ihre Antwort darauf: Der im Mai 2022 eingeleitete REPowerEU-Plan. Dieser adressiert, wie die EU bis spätestens 2027 unabhängig von fossilen Brennstoffen aus Russland werden kann und damit die Versorgungssicherheit nachhaltig sichergestellt wird. Dies sollte durch eine Beschleunigung der sauberen Energiewende ermöglicht werden, weshalb zahlreiche Maßnahmen dafür im Rahmen des REPowerEU-Plans veröffentlicht wurden. Dazu zählen unter anderem die EU-Erdgasbevorratung, eine EU-Solarstrategie, ausgewiesene „Beschleunigungsgebiete“ für den Erneuerbaren-Ausbau und konkrete Zielvorgaben für den Wasserstoff-Hochlauf.
Ein gutes halbes Jahr nach Einleitung des REPowerEU-Plans konnten die Gasimporte aus Russland bereits von 45% auf 19% reduziert werden. Vergangenes Jahr erholte sich der Anteil der russischen Importe jedoch wieder, weshalb die Kommission im Mai 2025 den Fahrplan zum Ausstieg aus russischen Energieimporten vorgelegt hat, gefolgt vom Gesetzesvorschlag Mitte Juni. So soll langfristig und nachhaltig die Abhängigkeit von Russlands Energieimporten beendet und eine stabile Energieversorgung gewährleistet werden.
Der nun vorgelegte Legislativvorschlag schließt sich an den REPowerEU-Fahrplan an, den die Kommission im Mai angenommen hat. Um die Abhängigkeit von russischer Energie zu beenden, sollen Öl, Gas und Uran schrittweise vom EU-Markt ausgeschlossen werden. Vorgesehen ist ein gestaffelter Ausstieg aus Pipelinegas und Flüssigerdgas (LNG), die ihren Ursprung in der Russischen Föderation haben oder direkt bzw. indirekt von dort exportiert werden. Für den Gasmarkt bedeutet das eine zweistufige Vorgehensweise.
Ab dem 1. Jänner 2026 sollen neue Lieferverträge für russisches Gas verboten werden, während bestehende kurzfristige Verträge bis spätestens 17. Juni 2026 auslaufen müssen. Ausnahmen gelten lediglich für Pipelinegaslieferungen an Binnenstaaten mit langfristigen Verträgen, die bis Ende 2027 auslaufen dürfen. Auch diese langfristigen Verträge – einschließlich solcher über Dienstleistungen an LNG-Terminals für russische Kunden oder Unternehmen unter russischer Kontrolle – sollen danach vollständig beendet werden. Ziel ist es, Terminalkapazitäten gezielt für alternative, verlässliche Anbieter freizumachen und so die Resilienz des europäischen Energiemarkts nachhaltig zu stärken.
Auch die Öleinfuhren aus Russland sollen schrittweise bis Ende 2027 eingestellt werden. Parallel dazu plant die Kommission, durch verstärkte Überwachung, das Boarding und die Kontrolle verdächtiger Schiffe sowie eine enge Zusammenarbeit mit Drittstaaten gegen die sogenannte „Schattenflotte“ vorzugehen, mit der Russland bestehende Sanktionen zu umgehen versucht.
Begleitet wird dieses Vorgehen durch verbindliche Diversifizierungspläne der Mitgliedstaaten, die konkrete Maßnahmen und Etappenziele für den schrittweisen Ausstieg aus russischen Gas- und Öleinfuhren enthalten sollen. Diese Pläne, die bis Ende 2025 vorgelegt werden müssen, sollen darlegen, wie die einzelnen Staaten den Ausstieg national umsetzen. Ergänzend dazu wird ein EU-weites Monitoring-System eingeführt, das Herkunft und Lieferweg russischer Energie transparent und nachvollziehbar macht.
Die Kommission wird die Mitgliedstaaten beim gesamten Umsetzungsprozess unterstützen und gemeinsam mit der EU-Agentur ACER die Fortschritte und Auswirkungen genau überwachen. Sollte die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gefährdet sein, kann die Kommission kurzfristig Sofortmaßnahmen ergreifen.
Für den Ausstieg aus russischer Kernenergie liegt noch kein eigener Legislativvorschlag vor. Der Fahrplan sieht jedoch vor, neue Verträge für angereichertes Uran durch Euratom zu unterbinden und bestehende Handelsbeziehungen einzuschränken. Die Mitgliedstaaten sollen nationale Ausstiegspläne vorlegen, eine Umstellung bis Ende 2027 ermöglichen und die europäische Eigenproduktion durch die "European Radioisotopes Valley Initiative" (ERVI) stärken.
Der Vorschlag der Kommission liegt in Form einer Verordnung vor und wird nun im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren behandelt. Er muss sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom Rat angenommen werden. Im Gegensatz zu Sanktionsmaßnahmen, die Einstimmigkeit erfordern, ist hier eine qualifizierte Mehrheit im Rat ausreichend – was eine effizientere Beschlussfassung ermöglicht. Die Kommission strebt eine schnelle Behandlung des Vorschlags an, mit dem Ziel, bereits in den kommenden Monaten einen politischen Kompromiss im Rahmen der Trilogverhandlungen zu erreichen. Parallel dazu wird sie die Zusammenarbeit mit den besonders betroffenen Mitgliedstaaten vertiefen, um nationale Diversifizierungsstrategien und notwendige Infrastrukturmaßnahmen gezielt zu begleiten.
Um eine sichere Gasversorgung für ihre Kund*innen zu gewährleisten, hat Wien Energie bereits im Herbst letzten Jahres angekündigt, dass sie 2025 aus russischem Gas aussteigt - und das umfassend. Davon betroffen ist die Belieferung der privaten und gewerblichen Kund*innen sowie der Betrieb der Kraftwerke und der Fernwärme. Wien Energie war damit der ersten österreichische Energiedienstleister, der den eigenen Gasbedarf nachweislich aus alternativen Quellen (vorrangig aus der Nordsee) decken konnte. Zentral dabei: Es soll zu keinen Mehrkosten für die Kund*innen kommen.
Durch die Verträge mit alternativen Quellen konnten Marktanreize sowie ein konkreter Schritt zur Unabhängigkeit von russischem Gas gesetzt werden. Generell verfolgt das Unternehmen die Strategie, die Energiequellen zu diversifizieren und den Gasbedarf zu reduzieren – der konsequente Ausbau erneuerbarer Strom- und Wärmeproduktionsquellen zeugen davon.
Public Affairs Expertin
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