EU-Aktionsplan für erschwingliche Energie

Johannes Imminger und Michael Schnur
13.03.2025

Am 26.02. wurde im Rahmen der Vorstellung des neuen EU Clean Industrial Deals, auch der Aktionsplan für erschwingliche Energiepreise präsentiert. Dieser soll die Preise für Energie für Endkund*innen und Industrie senken und damit die EU wettbewerbsfähiger machen. Die Kommission zeigt hier gute Ideen, so manch relevante Punkte sind noch unklar.

Ein Aktionsplan für erschwingliche Energie

Der Aktionsplan setzt sich aus vier Säulen zusammen, die wiederum insgesamt auf acht konkrete Aktionen setzen. Von holistischen Ansätzen im Rahmen einer Energieunion über spezifischere Vorschläge zur Reduktion der Stromrechnungen sind zahlreiche (noch-)nicht-legislative Vorhaben angeführt.

Säule I - Senkung der Energiepreise

Als Teil der ersten Maßnahme wird die Kommission zeitnah Leitlinien an die Mitgliedstaaten liefern, um die Methodik der Netzentgelte effizienter zu gestalten. So sollen Flexibilität und Anreize für Investitionen incentiviert und Kosten im System eingespart werden. Gegebenenfalls könnte hier auch ein legislativer Rechtsakt folgen. Ein weiterer Aspekt der ersten Aktion fokussiert auf Steuern und Abgaben auf Energierechnungen. Es sollen die Mitgliedsstaaten alle Möglichkeiten, insbesondere im Rahmen der Energiebesteuerungsrichtlinien, ausloten, um Belastungen auf Endkund*innen und Industrie zu reduzieren. Abgerundet wird Aktion Eins durch die Ankündigung eines „Citizen Energy Package“, dass Endkund*innen stärker aktiv am Energiemarkt teilnehmen lassen soll.

Aktion Zwei setzt bei den Stromversorgungskosten an und will vermehrt die Entwicklung im Bereich von Instrumenten wie PPAs und CfDs vorantreiben. Zusätzlichen sollen Genehmigungszeiten für saubere Energieinfrastruktur weiter reduziert werden und durch ein „European Grid Package“ der Netzkapazitätsausbau schneller digitalisiert werden, um auch Flexibilitäten wie Speicher und Demand-Response schneller integrieren zu können.

Im Rahmen von Aktion 3, der Weiterentwicklung der Gasmärkte für faire Preise, plant die Kommission eine Verschärfung von Marktregeln (vor allem im Rahmen von REMIT und MiFID), um einen fairen Wettbewerb zu fördern. Zusätzlich solle es eine intensivierte Nachfrage-Aggregation für LNG-Importe geben, die für eine Stärkung der EU Kaufkraft sorgen soll. Durch Aktion Vier, der Förderung des Angebots an Effizienzlösungen und der Vereinfachung des Zugangs dazu für Endkund*innen, möchte die Kommission langfristig die Netze effizienter und flexibler ausgestalten.

Säule II - Vollendung der Energieunion

Mit Aktion 5 möchte die Kommission einen Fokus auf Elektrifizierung und insbesondere der vollständigen Marktintegration im Strombereich legen. So sollen durch die Elektrifizierung des Wärme- und Kältemarktes Effizienzen gehoben werden und ausufernde Systemkosten verhindert werden. Angekündigt wurden neben einem White Paper zur vertieften Strommarktintegration, auch ein Aktionsplan für Elektrifizierung, eine strategische AI Roadmap, eine Heating & Cooling Strategy sowie eine Überarbeitung der Governance Verordnung für die Energieunion.

Säule III - Investitionen anlocken und Umsetzung sicherstellen

Der Schwerpunkt der dritten Säule setzt die Kommission mit Aktion 6 auf langfristige Investitionssicherheit. Ein Dreiparteien-Vertrag zwischen der Industrie, erneuerbaren Stromerzeugern und der öffentlichen Hand, unterstützt durch die Europäische Investment Bank, soll Investitionen absichern. So könnten für den Energiesektor einerseits, aber auch für die Industrie Risiken reduziert werden und Investitionen in Erzeugungsanlagen und in Energieinfrastruktur vorangetrieben und abgesichert werden.

Säule IV - Vorbereitung auf mögliche Energiekrisen

In eine ähnliche Kerbe wie Aktion Sechs schlägt auch die siebte Aktion: Sie will stabile Preise. Der Weg dorthin soll durch die Gewährleistung der Versorgungssicherheit geebnet werden. Ein legislativer Vorschlag für eine Überarbeitung des bestehenden Energiesicherheits-Rechtsrahmens soll die Erfahrungen aus den vorangegangenen Krisen berücksichtigen. Ergänzt wird dieses Vorhaben mit der achten und letzten Aktion zur Verhinderung von extremen Preisspitzen in Energiekrisen. Dies soll mit Anreizen für Konsument*innen zur Lastreduktion einerseits und durch aktives Handeln der TSOs zur Lastverschiebung andererseits ermöglicht werden. Zusätzlich sollen die TSOs und nationalen Regulierungsbehörden an Möglichkeiten arbeiten, um in Krisensituationen temporär die verfügbaren grenzüberschreitenden Kapazitäten zu erhöhen.

Wie ist der Aktionsplan zu bewerten?

Der Aktionsplan ist voll mit Ideen, die in ihren Zielen eine breite Zustimmung in Europa finden dürften – Niedrigere Preise, langfristige Preis- und Versorgungssicherheit, kurze Genehmigungszeiten, Marktintegration, etc. Sieht man etwas genauer hin, so sind in den nächsten Monaten noch einige wichtige Fragen zu klären: Wie sollen die reduzierten Netzkosten mit notwendigen Investitionen in die Netzinfrastruktur vereinbart werden? Ist es sinnvoll gegebenenfalls legislativ in die Systementgeltmechanismen der Mitgliedstaaten einzugreifen, wenn hier Rahmenbedingungen sehr divers sind und eine Harmonisierung in unzureichender Treffsicherheit münden könnten? Auch die Elektrifizierung des Wärme- und Kältesektor würde ohne ausreichende Berücksichtigung der Fernwärme- und kälte definitiv zu kurz greifen.

Auch die Überarbeitung der Vorhaben im Bereich Energiehandel (insbesondere zu MiFID) erfordert die richtige Balance, um keine Kostensteigerungen, sondern tatsächliche preisstabilisierende Effekte zu haben. Viele Energieunternehmen wären mit enormen Mehraufwand- und Mehrkosten konfrontiert, der sich in weiterer Folge bis zu den Endkund*innen preiserhöhend auswirken könnte.

Die Kommission ist nun gefordert konkrete und breit abgestimmte Vorschläge zu den einzelnen Vorhaben vorzulegen und die diversen Rahmenbedingungen und Interessen der Mitgliedsstaaten im Sinne der Energiebinnenmarkt-Vertiefung zu integrieren. Die Ambition die EU wettbewerbsfähiger zu machen ist jedenfalls zu begrüßen und der Aktionsplans kann trotz offener Fragen ein Erfolg für die EU sein.

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Michael Schnur

Wien Energie

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Johannes Imminger

Leiter Büro Brüssel der Wiener Stadtwerke